Nicht zuletzt durch den Wim-Wenders-Film und die Musiker vom Buena-Vista-Social-Club ist Kuba in den letzten Jahren für uns als Reiseziel interessant geworden. Nachdem ich die Karibik von Guadeloupe bis Trinidad bereits in mehreren Tauchurlauben unter und über Wasser erkundet habe bin ich freudig auf den Vorschlag von Cornelia, meiner Frau, eingegangen in diesem Frühjahr zwei Wochen Urlaub in Kuba zu machen. Aber Tauchen sollte möglich sein.

Die Prospekte verschiedener Reiseveranstalter wurden studiert und es fanden sich auch eine Anzahl von Hotels, bei denen Tauchen zum Sportangebot gehörte. Wir buchten Anfang Februar einen Flug nach Holgin, welches im östlichen Teil von Kuba liegt. Unser Hotel war nahe der Ortschaft Guardalavaca gelegen, was so viel heißt wie “Pass auf die Kuh auf“. Zehn Kilometer westlich vom Hotel liegt die Bucht in der Kolumbus auf seiner ersten Amerika-Entdeckungsreise zum ersten Mal an Land ging. In dieser Region ist die Landschaft hügelig, wie im Taunus, die Strände liegen sehr idyllisch zwischen Hügeln in unterschiedlich großen und kleinen Buchten. In etwa einer Meile Abstand zur Küste zieht sich mit einigen Unterbrechungen ein Riff.

Als Einstimmung auf die kubanische Lebensweise wollten wir zunächst eine viertägige Rundreise in einem Bus nach Bayamo, Santiago und Baracoa unternehmen. Am Flughafen empfing uns ein sehr freundlicher Reiseführer mit dem typisch kubanischen Namen Wladimir und eröffnete uns in fast perfektem Deutsch (er hatte in Dresden studiert), dass die Reise nicht wie geplant durchgeführt werden könne, weil in Baracoa zum geplanten Zeitpunkt kein Hotelzimmer frei sei. Die Zimmer waren kurzfristig für eine Gruppe von Journalisten belegt worden, die eine internationale Radrundfahrt begleiteten. Deshalb wurden wir zunächst auf die Insel Saetia gebracht, die ein Jagdrevier für Staatsgäste beherbergt. In dem Resort haben auch Fidel und Raul Castro ein Ferienappartement. In dem Revier leben Wasserbüffel, Antilopen, Zebras, Hirsche und andere Tiere, welche in Kuba normalerweise nicht zu Hause sind. Wir wurden am ersten und am folgenden Tag auch mit köstlichem Antilopenfleisch verpflegt.

Auch auf den weiteren Stationen unsere Rundreise, bei der Baracoa, die älteste Stadt Kubas ausgelassen wurde, gab es reichlich und leckeres Essen, was wir auf Grund der wirtschaftlichen Situation Kubas nicht in dieser Fülle und Qualität erwartet hätten. Der Kontrast zwischen dem Luxus, der den Touristen geboten wird und der Tatsache, dass die Kubaner noch Lebensmittel auf Zuteilung, also auf Lebensmittelkarten bekommen, hat uns schockiert und nachdenklich gemacht.

Trotz des relativ bescheidenen Lebensstandards sind die Kubaner fröhliche Menschen, die sich mit den dort herrschenden Lebensumständen weit gehend abgefunden haben. Durch den  zunehmenden Tourismus und die Einführung des Dollar als reguläres Zahlungsmittel in 1995 hat sich in den letzten Jahren schon eine deutliche Verbesserung ergeben, was sich durch moderne Kleidung, viele neue Autos und eine große Zahl von Dollar-Läden zeigt. Große Kontraste herrschen auch zwischen den teilweise sanierten Gebäuden in den Innenstädten und den teilweise starke Reparatur bedürftigen Häusern in den Randgebieten. Auf dem Land sind vielfach noch Hütten aus dem Holz der Königspalme, ohne Fensterscheiben, gedeckt Palmblättern anzutreffen. Strom haben alle, Fernseher haben viele, fließendes Wasser ist vielfach ein Problem, vor allem in den Städten.

Als positiv ist die Realisierung der allgemeinen Schulpflicht zu erwähnen. Selbst in abgelegenen ländlichen Gebieten haben wir Vorschulen für die 4-6-jährigen Kinder in Palmhütten gesehen. Armut, die dazu führt, dass Kinder auf und von Müllhalden leben, gibt es in Kuba nicht.

Ich war schon während der Rundreise sehr gespannt, was mich hinsichtlich der gebuchten Tauchgänge erwarten würde. Im Hotel angekommen stellte der TUI-Reiseleiter einen Kontakt zur Tauchbasis her und teilte mit, dass ich am kommenden Morgen von einem Tauchlehrer im Hotel abgeholt werden würde. Jorge stand mit einem Taxi am anderen Morgen da und wir fuhren die fünf Kilometer nach Guardalavaca. Dort war die Tauchbasis, die von Hotelgästen der unterschiedlichen Hotels besucht wurde. Da ich vorsichtshalber meine Ausrüstung mitgebracht hatte, war nur Blei und Flasche notwendig. Meine Vorsicht war unangebracht denn die Basis war erstklassig ausgestattet. Anzüge, Masken, Schnorchel, Flossen und Jackets, sind fast neu, von Mares und anderen Markenherstellern. Sechs Tauchlehrer waren im Schichtbetrieb tätig. Verständigung: mäßiges englisch oder spanisch. Die täglichen Taxifahrten von und zum Hotel wurden von der Tauchbasis organisiert und bezahlt.

Die Ausrüstung musste über ca. 60 Meter Sandstrand getragen werden. Dort lag das Tauchboot an einer Boje. Wir tauchen in Gruppen zwischen 6 und 8 Personen mit einem Tauchlehrer. An dem Riff sind 23 Tauchplätze, überwiegend mit Bojen markiert, an denen auch die Tauchboote fest machen. Die Tiefen beginnen an der Riffkante bei ca. 10 Metern, in welcher Tiefe die Steilabfälle enden, kann ich nicht sagen. Die Unterwasser-Landschaft ist abwechslungsreich, die Korallen in gutem Zustand. Von der geringen Zahl der Fische war ich etwas enttäuscht, weil ich aus anderen Regionen der Karibik speziell St. Lucia, St. Vincent oder Tobago verwöhnt bin. Ich glaube das liegt daran, dass wir an der Nord- also der Atlantikseite der Insel getaucht sind und dort das Wasser kühler ist. Außerdem wird überall auch intensiv gefischt.

Bei einem der ersten Tauchgänge sah ich einen Fisch, der in seiner Unterlippe einen ziemlich großen Angelhaken mit sich führte, der ihn wohl nicht besonders störte, denn er machte auf mich einen munteren Eindruck. Bei diesem Tauchgang wurden wir auch von zwei großen, eindrucksvollen Trooperfischen begleitet.

Am Nachmittag tauchten wir an einem anderen Platz in etwa 500 Meter Entfernung zu dem Platz vom Vormittag. Ich war sehr erstaunt das ich dort glaubte, wieder die beiden Trooperfische zu erkennen. Das ich mich nicht irrte wurde mir dann wenig später bestätigt, als ich auch den gepiercten Fisch vom Vormittag wieder sah. Weil einige Taucher die Fische mit hart gekochten Eiern aus den Hotels (all inclusive!) füttern, schwimmen die Fische wahrscheinlich schnell dem Tauchboot zu den unterschiedlichen Plätzen hinterher.

Als interessante Dives wären noch zwei Höhlen- und drei Steilwand-Tauchgänge zu erwähnen. Bei einer Höhle war der Eingang auf ca. 16 m. Der relativ enge Channel ging spiralförmig nach unten und endete auf ca. 37 m in einer Steilwand. Im Channel hatte ich nicht auf meine Tarierung geachtet. Als ich mich am Ausgang wieder orientiert hatte war, ich schon auf 43,5 m und unter mir nur endloses Blau.

An einem Nachmittag wurden wir als Darsteller für einen Werbefilm der Tourismusagentur über Tauchen in Kuba engagiert. Zu diesem Zweck wurde speziell eine große Luxus-Motoryacht heran beordert, die keinerlei Ähnlichkeit mit unseren bescheidenen Tauchboot hatte. Die Küste steht  zur Verhinderung von „Republikflucht“ unter ständiger lückenloser Überwachung der Armee. So musste für den Filmdreh auf dem seegängigen Schiff erst eine Crewliste angefertigt werden, die dann vor dem „Auslaufen“ von einem Soldaten geprüft und abgesegnet wurde. Wartezeit 1 Stunde, Fahrt zum Tauchplatz einschließlich Aufnahmen 15 Minuten.

Zu den wenigen Fischen hatte ich im Verlauf der 10 Tauchgänge ein familiäres Verhältnis entwickelt. Wir kannten uns vom Sehen. Bei den letzten Dives waren mir zwei Baracudas aufgefallen, ein heller und einer mit 4 großen schwarzen Flecken. Als ich am letzten Tag am Hotel noch einmal Katamaran segelte, traf ich einen Segellehrer, der vom Angeln kam. Er hatte neben 3 kleineren Fischen auch den gefleckten Baracuda gefangen. Wieder ein Freund weniger!

Als Kompensation für die geänderte Reiseroute wurde uns ein Ausflug mit dem Doppeldecker nach Baracoa angeboten, was wir freudig annahmen. Baracoa, 1492 von Columbus Puerto Santo genannt  und 1512 von Diego Velasques gegründet, war die erste Stadt Kubas und sogar für 3 Jahre Hauptstadt. Sie war uns als sehr interessant und sehenswert geschildert worden. Also machten wir den Ausflug mit 6 weiteren Teilnehmern unserer Rundreisegruppe in einer Antonow 2, die außen sehr poppig angestrichen war aber innen den Komfort alter Militärmaschinen aufwies. 1 Motor, 2 Piloten, 1 Techniker (in Wahrheit Sicherheitsbeamter) und 1 Reiseleiter, 45 Minuten Flug, in denen wegen des starken Fluglärms kein Gespräch möglich war. Die Stadt, umgeben von unwegsamen Berglandschaften, macht im Vergleich zu anderen Städten Kubas einen eher gemütlichen, verschlafenen Eindruck. Sie liegt am Ende der Welt und war bis 1960 nicht an das Straßennetz angeschlossen, sondern nur über See und später mit dem Flugzeug erreichbar. So hat sie sich über 450 Jahre wie ein Biotop entwickelt. Es gibt dort einen hohen Anteil an Nachfahren der Ureinwohner und weniger Nachfahren von Sklaven, was auch an den Gesichtsformen und der Hautfarbe erkennbar ist.

Baracoa hat nur zwei kleine gute Hotels und ein weiteres, welches nicht zu empfehlen ist. Es wurde von der russischen Geliebten von Fidel Castro betrieben und hat nach deren Tod an Attraktivität eingebüßt. Wegen reizvollen Umgebung, der geschichtlichen Bedeutung und der Einmaligkeit der Lage erfährt Baracoa einen guten Zuspruch und hat die höchste Zahl von Privatübernachtungen Kubas. Wer hier ein Zimmer sucht, setzt sich mit seinem Gepäck auf den zentralen Platz. Die Angebote kommen umgehend.

Im Umland sind viele kleine Farmen, die Kakao, Kaffee, Kokosnuss, Bananen und Gemüse anbauen sowie Schweine und Hühner halten. Obst, Gemüse, Tiere  und Fleisch wird in den Städten auf Bauernmärkten verkauft, was ein wichtiger Bestandteil der Versorgung mit Lebensmitteln für die Bevölkerung ist. Für Rinder und Lobster besteht ein privates Verkaufsverbot, der Staat hat dafür das Ankaufsmonopol. Mit einer Farmbesichtigung und einem Spanferkelbarbeque am breitesten Fluß Kubas, begleitet von einer typischen kubanischen Band –der Song Guantanamera durfte nicht fehlen-  beendeten wir unseren Baracoa-Trip.

Fast hätte ich es vergessen: Kuba ist zu Recht bekannt für guten Rum und gute Zigarren, deshalb haben wir auch Zuckerrohrschneider auf dem Feld, den Probeausschank einer Rumfabrik und eine Zigarrenfabrik (Produkte: Monte Christo, Churchill, Romeo und Julia) besucht. Fabrikverkauf gibt es nicht, der Verkauf findet nur in staatlichen Läden zu festgelegten Preisen statt. Ich war zunächst enttäuscht, kaufte dann für $ aber doch Rum und Zigarren für die Heimat ein. Zurück in Deutschland stellte ich dann fest, dass die gleichen Produkte hier mehr als das Doppelte kosten. Für die nächste Kuba-Reise, die in den Westteil führen soll, wissen wir jetzt Bescheid.

Tauchgänge

DatumTauchplatzTiefeDauer
12.2.Labyrinth30,535
13.2.Sirena24,550
13.2.Corona2350
16.2.Cave4035
16.2.Canto Azul2648
17.2.Cave 243,545
17.2.Labyrinth30,553
19.2.Canto Azul2558
20.2.Canto Easy3752
20.2.Aquarium15,554

Jürgen Riebling, Idstein